Russland (aber auch die ehemalige Sowjetunion) blickt auf eine lange Tradition von Science-Fiction- und Fantasy-Autoren zurück – egal ob nun als Roman oder als Film. Autoren wie die Brüder Strugatzki, Sergej Lukianenko oder zuletzt Dmitry Glukhovsky haben mit ihren Werken internationale Anerkennung erfahren und das Science-Fiction- oder Fantasy-Genre teilweise revolutioniert. Aber auch die Filme STALKER (1979) und SOLARIS (1972) von Andrei Tarkovsky gelten heute als zeitlose Klassiker des Genres.
COMA hat sich vorgenommen die Nachfolge anzutreten – ob es das Regiedebüt von Nikita Argunov schafft, erfahrt ihr in der Kritik.
Handlung:
Der junge Architekt Viktor (Rinal Mukhametov) findet sich nach einem tragischen Unfall in einer ihm unbekannten Welt wieder. In der aus Erinnerungen der Menschen erbauten Welt, trifft Viktor auf eine Gruppe von Leidgenossen, die wie er in einem tiefen Koma liegen.
Die Gruppe ist in der chaotischen und lückenhaften Welt nicht alleine – die albtraumhaften Schattenwesen namens Reaper machen Jagd auf die Menschen, die in dieser gestrandet sind.
Beeindruckende Bilder und Effekte
Die Dreharbeiten zu COMA begannen bereits im Jahr 2016. Ein erster Teaser folgte noch im selber Jahr. Viele Fans des Genres horchten auf – sahen die damaligen Bilder durchaus beeindruckend aus.
Vier Jahre später sieht das Gezeigte immer noch großartig aus. Das liegt nicht zuletzt an dem Regisseur Nikita Argunov – dieser hat eine langjährige Erfahrung als Produzent von Science-Fiction-Filmen und im VFX-Bereich (Visuelle Effekte).
Auf visueller Sicht merkt man COMA die lange Post-Produktion und das sehr geringe Budget von ungefähr 4 Millionen Dollar nicht an. Kaum vorstellbar, was Nikita Argunov mit einem der Ambitionen entsprechenden Budget hätte anstellen können.
Nur eine billige Kopie?
COMA hat einige Schauwerte zu bieten und Vergleiche zu den Größen des Genres – INCEPTION (2010) oder MATRIX (1999) – kommen entsprechend auf. Doch COMA bietet meiner Meinung nach mehr und ist eben nicht nur eine Kopie vom bereits Gesehenen. Während INCEPTION mit dem Einsatz seiner Architektin (Ariadne – Ellen Page) spart, darf sich Viktor (Rinal Mukhametov) in COMA deutlich mehr ausleben.
Und wie Neo in der MATRIX tapst natürlich auch unser Protagonist in COMA anfänglich recht verwirrt und unsicher durch die Zwischenwelt. Ein für mich durchaus normaler und auch nachvollziehbarer Aufbau einer komplexen Geschichte. Einfache Vergleiche werden dem nicht gerecht – und möchte man dennoch Vergleiche ziehen, so sollte man eher einen Blick auf das Werk von Sergej Lukianenko werfen. Hat Lukianenko mit den Büchern LABYRINTH DER SPIEGEL (1996) und DER FALSCHE SPIEGEL (1998) schon vor den Wachowski-Geschwistern eine Welt geschaffen, die gerade dem philosophischen Gedanken der MATRIX sehr ähnelt.
Die Grundprämisse in COMA wird trotz der eigentlichen Komplexität einfach und verständlich erklärt. Die Handlungen unserer Charaktere sind nachvollziehbar, wenngleich manche Motivationen zu konstruiert wirken. Generell sind die Charaktere in COMA recht einfach gezeichnet und klischeehaft. Das tut der Story grundsätzlich keinen Abbruch, jedoch erkennt das geschulte Auge bestimmte Charakterentwicklungen schon frühzeitig und ein Staunen bleibt entsprechend aus. Die Rollenbeschreibungen und auch die fehlende Diversität wirkt dann leider etwas aus der Zeit gefallen. Durch die lange Post-Produktion könnte hier der sogenannte Zahn der Zeit ein wenig an COMA genagt haben.
Konkurrenz aus Russland
In den letzten Jahren kamen einige Science-Fiction-Filme aus Russland wie z. B. ATRRACTION (2017) oder auch GUARDIANS (2017), die mit ihren CGI-Effekten an die Blockbuster aus Hollywood anschließen sollten. Die Filme waren eher durchschnittlich und konnten dem Genre letztlich nichts neues hinzufügen. Zu viel des Guten – eine Einschätzung die durchaus zutreffend ist. Ein Effektfeuerwerk ersetzt keine einfallslose Grundprämisse oder schafft eine tolle Atmosphäre. Filme wie zuletzt PROSPECT (2018) oder auch THE VAST OF NIGHT (2019) haben gezeigt, dass auch ohne ein großes CGI-Gewitter eine tolle Science-Fiction-Story erzählt werden kann.
COMA schafft diesen Spagat elegant. Es werden beeindruckenden Bilder und Effekte gezeigt. Die Story ist originell und einfallsreich. Die wenigen Kritikpunkte sei dem Film verziehen – könnten sie grundsätzlich der langen Post-Produktion geschuldet sein.
Fans des Genres machen mit diesem Film meiner Meinung nach nichts falsch. An die großen Visionäre aus Russland kommt Nikita Argunov jedoch (noch) nicht ran.
Bloodfest vergibt 4 von 5 Punkten
Veröffentlichung: COMA ist seit dem 03.04.2020 als Blu-Ray, DVD, im Steelbook und digital zu erwerben.
Verleih: capelight pictures
Im Test hatte Bloodfest die digitale Version.